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Baby unterwegs

GESUNDE SCHWANGERSCHAFT

Dr. Susanne Hämmerle ist Oberärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Krankenhaus Dornbirn und Ärztin für Allgemeinmedizin. Ein Gespräch über Ernährung in der Schwangerschaft, was man gegen Übelkeit tun kann, wie man Krankheiten, aber auch Schwangerschaftsdiabetes vorbeugen kann und ob gegen Flugreisen während der Schwangerschaft etwas einzuwenden ist.

DR. SUSANNE HÄMMERLE

Frau Dr. Hämmerle, was dürfen Schwangere essen und wovon sollten sie lieber die Finger lassen?

Die gesunde Ernährung in der Schwangerschaft unterscheidet sich kaum von den üblichen Regeln einer gesunden Ernährung im Alltag. Allerdings hat eine optimale Ernährung während der Schwangerschaft dem erhöhten Bedarf an Nährstoffen, wie Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen, Rechnung zu tragen. Insgesamt gilt: Schwangere sollten vermehrt frisches, gut gewaschenes Gemüse in den Speiseplan einbauen, aber auch Fisch aufgrund von Omega 3-Fettsäuren und Jod. Wegen der Toxoplasmose und Listeriengefahr sollten sie auch auf rohes Fleisch, zum Beispiel Tartar, und auf rohen Fisch, beispielsweise Sushi, verzichten. Dabei gilt auch beim Handling von Fleisch und Fisch in der Küche Vorsicht. Das heißt, nach jeder Zubereitung sollte man sich die Hände gut waschen. Weiters wird empfohlen, bestimmte Wurstsorten, etwa Salami oder Bündnerfleisch, zu meiden, auf Meeresfrüchte, Räucherlachs und Räucherforelle zu verzichten, nur pasteurisierte Milchprodukte zu sich zu nehmen, wegen der Salmonellengefahr nur gut durchgegarte Eier zu essen und sich bei Zucker, Fett, konservierten Lebensmitteln und Fast Food zurückzuhalten. Aber nicht nur das Essen, sondern auch ausreichendes Trinken ist in der Schwangerschaft wichtig. Es sollten mindestens 1,5 Liter täglich sein, eher sogar zwei bis drei Liter. Als Durstlöscher eignen sich am besten Leitungswasser – Vorarlberg hat ja wirklich sehr gutes Trinkwasser –, Mineralwasser (Kalziumquelle) oder ungezuckerte Kräuter- und Früchtetees. Auf Kaffee und Schwarztee muss grundsätzlich nicht verzichtet werden, allerdings sollte sich der Genuss im Rahmen halten, das heißt, nicht mehr als ein bis zwei Tassen täglich.

Entschuldigen Sie meine Bemerkung, aber das klingt doch recht kompliziert?

Nun, um es einfacher auszudrücken: Schwangere sollten viel frisches Obst und Gemüse, Fisch, nicht allzu fettes Fleisch, eher magere Milchprodukte sowie hochwertige Fette essen. Ernährungsexperten nennen dies eine ausgewogene, gesunde Kost. Auf jeden Fall sollten Frauen, die in anderen Umständen sind, bei ihrer Ernährung aber aufmerksam sein und auf ihren Körper hören.

Ist an der alten Weisheit „Essen für zwei“ etwas dran?

Nein, das ist eine überholte Ansicht. Zum einen, weil für „Zwei essen“ nicht bedeutet, das Doppelte essen. Zum anderen, weil der tägliche Energiebedarf erst ab dem vierten Monat mäßig ansteigt, circa um 250 Kalorien bzw. um zehn Gramm Protein täglich1. Schwangere sollten nicht doppelt so viel, sondern doppelt so gut, doppelt so gesund essen, also Qualität vor Quantität. Das Gebot der Stunde lautet also: Eine ausgewogene Ernährung durch Auswahl von Nahrungsmitteln mit hoher Nährstoffdichte statt leeren Kalorien. Allerdings möchte ich noch einmal auf den erhöhten Bedarf an einzelnen Nährstoffen hinweisen. Auf diesen gilt es nämlich sehr wohl, nach Absprache mit dem Gynäkologen, zu reagieren (Anm.: Details dazu finden Sie im pdf „Nährstoffe und Vitamine“).

Was ist mit Alkohol? Man hört immer wieder: Ein Gläschen Rotwein oder ein kleines Bier kann dem Kind nicht schaden. Stimmt das?

Meiner Ansicht nach: Nein! Alkohol sollte während der Schwangerschaft konsequent gemieden werden. Es gibt keinen sicheren Grenzwert für ungefährlichen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Bereits geringe Mengen können negative Auswirkungen auf die Kindesentwicklung haben und zu erheblichen Schädigungen, etwa Hirnleistungsstörungen oder geistige Entwicklungsverzögerungen des noch ungeborenen Babys, führen. Übrigens zählen auch bestimmte Medikamente, Drogen und Nikotin – und zwar aktives und passives Rauchen – zu den absoluten „No- Gos“ während einer Schwangerschaft.

Wie kann Diabetes, die sich während der Schwangerschaft entwickelt, vermieden werden?

Durch einen gesunden Lebensstil. Schwangere sollte auf allzu zuckerhaltige Snacks und gezuckerte, kalorienhaltige Durstlöscher weitestgehend verzichten und sich regelmäßig bewegen. Sport beugt nämlich Schwangerschaftsdiabetes vor. Wird dennoch eine Schwangerschaftsdiabetes festgestellt, genügt oft eine konsequente Umstellung auf eine vollwertige, bedarfsgerechte Ernährung, um die Blutzuckerwerte zu normalisieren. Gelingt das nicht, ist eine Insulintherapie notwendig. Die Kontrolle der Blutzuckerwerte bzw. ein Zuckerbelastungstest wird übrigens zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt.

Inwieweit kann man weiterhin seinem Lieblingssport nachgehen? Welche Sportarten darf man machen und auf welche sollte man eher verzichten?

Bei unauffällig verlaufenden Schwangerschaften ist moderate Sportausübung und Bewegung nicht nur erlaubt, sondern durchaus empfehlenswert. Zu den empfohlene Sportarten zählen etwa Schwimmen, Aquajogging, Spaziergänge an der frischen Luft, Laufen, aber auch Joggen, Radfahren, Tanzen oder Golfen. Natürlich gibt es auch Sportarten, die vermieden werden sollten. Dies sind zum Beispiel Leistungssport, Wettkämpfe sowie hartes Ausdauertraining und aufgrund der Verletzungsgefahr etwa Basketball oder Handball.

Wie sollten sich Schwangere verhalten, wenn sie krank oder erkältet sind?

Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten Schwangere gut vorbeugen und zwar indem sie ihr Immunsystem durch bereits öfters erwähnte gesunde, ausgewogene Ernährung stärken und ausreichend trinken. Weiters sollte man das Stresslevel nach Möglichkeit auf ein Minimum reduzieren und sich regelmäßig Ruhepausen gönnen. Natürlich kann es auch Schwangere, trotz Vorbeugens, einmal treffen. In dem Fall sollte selbst bei rezeptfreien Erkältungsmittel vorher das Okay des Arztes eingeholt werden. Bei Halsschmerzen, Husten und Schnupfen helfen bewährte Hausmittel, wie Wickel, Tees oder Inhalieren. Bei länger anhaltendem Fieber oder auch bei sehr hohem Fieber führt nichts daran vorbei, einen Arzt aufzusuchen.

Sollte man sich während der Schwangerschaft vor Hitze oder Kälte besonders schützen?

Mitunter vertragen Schwangere Hitze und Kälte nicht so gut. Insbesondere Hitze kann Schwangerschaftsbeschwerden wie Kreislaufprobleme, Müdigkeit, schwere und geschwollene Beine verstärken. Daher sollte man den Schatten aufsuchen, sich zwischendurch abkühlen, ausreichend trinken, Erholungs- und Erfrischungspausen einplanen und immer wieder die Beine hochlagern.

Wie wirken sich seelische Belastungen der Mutter in der Schwangerschaft aus?

Starke seelische Belastungen bzw. psychischer Stress können Schwangerschaftskomplikationen, wie Fehl- oder Frühgeburt, aber auch ein niedriges Geburtsgewicht, begünstigen. Zur Stressvermeidung und -bewältigung eignen sich Entspannungstechniken gut. Wenn die werdende Mutter entspannt ist, geht es auch dem Baby gut.

Artikel im Orginal veröffentlich bei der Ärztekammer für Vorarlberg